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Paco de Lucia hat einmal gesagt, als Kind wäre es sein größter Wunsch gewesen, wie sein Bruder Sänger zu werden. Aber er war zu schüchtern und griff deshalb zur Gitarre, die er als "Krücke" für seine ursprüngliche Vorstellung der musikalischen Artikulation verwendete, indem er das Instrument wie eine Stimme einsetzte. Kaum auszumalen, was aus der Gitarrenwelt ohne Pacos Schüchternheit geworden wäre. Wenn jemand von der Gitarre zum Gesang konvertiert, so könnte man anhand des vorgenannten Beispiels meinen, dass ähnliche Motive eine Rolle spielen: die direktere musikalische Umsetzung ganz persönlicher Stimmungen und Gefühle, aber vielleicht auch bei Live-Auftritten die unmittelbare Kommunikation mit dem Publikum.
Der Düsseldorfer Gitarrist Thomas Battenstein hat in ungezählten Performances neben seinem Instrumentalrepertoire auch immer einige Gesangsnummern gehabt, die er peu à peu erweitert hat. Aber es ist keine Abkehr von der Gitarre, wenn er nun seine neueste CD-Produktion (fast) ganz seiner neuen Domäne (oder Liebe?) dem Gesang widmet.
Wer Battensteins vorherige mehr als ein Dutzend umfassenden CD-Alben kennt, wird zwar überrascht, aber nicht enttäuscht sein. Hier hat der Gitarrist ein Gleichgewicht gewahrt, das zwar nicht offenkundig beim ersten Hören ist, aber dann doch auffällig den Instrumentalisten und Arrangeur ausweist. Denn was vom eingespielten Programm für die Gesangsparts eher Standards oder Coverversionen sind, so sind bei den Instrumentalparts originelle, griffige und für das Stück charakteristische Ideen gefragt. Eine mit viel Gitarre gespickte Musik, bei der weder Sound noch die Spielfreude auf der Strecke bleiben.
Gesang aus der populären Musikabteilung ist in der Regel konkreter und nachvollziehbarer als instrumentale Solomusik, die meist abstrakter in den Melodien und erst in den Improvisationen ist. Deshalb gibt es nach altbewährtem Battenstein’schen Latin-Jazz-Rock- und Blues-Mix 15 Songs, die im Sinne des Wortes auch als "Lieder" zu verstehen sind. Das ist unterhaltendes Material, nicht zuletzt für die entspannte Stimmung oder im anspruchsvollen Partyambiente. Dafür sorgt schon das Programm aus Bestsellern oder anderen Hits berühmter Musikerkollegen. "Sunny" ist mit im Boot, dann die weniger abgegriffenen Lennon/McCartney-Songs "Wait" und "Things We Said Today", der Evergreen "Autumn Leaves" und Ray Charles’ "Halleluja, I Love Her So". Dann gibt es Pop pur aus dem Lager der Stones, Doors sowie anderer Quellen wie Clapton, Jobim usw., woran man ja auch die stets bevorzugte stilistische Mischung Battensteins erkennen kann. Zur Seite steht ihm seine bewährte Rhythmusgruppe mit Konstantin Wienstroer am Kontrabass und Markus Hofmann, Schlagzeug, sowie Knut Schütze, Conga. Battenstein beweist einmal wieder, dass er sehr viel Sinn für Klang und Eigenarten seines Instruments hat, aber daneben auch gern publikumswirksame Effekte verarbeitet. Das garantiert schon seine sehr rhythmische und melodiebetonte Musik, die stets zu Grenzgängen aufgelegt ist.
Gitarre aktuell, Dezember 2005
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