Weihnachten auf Andalusisch
Zwischen Jazz, Pop, und Kinderlied: Thomas Battensteins Christmas-Album
Es war um den Jahreswechsel. Weihnachten war gerade vorüber, doch in Thomas Battensteins Kopf schwirrten immer noch viele Weihnachtslieder und -Melodien herum. Und wenn er Gitarre spielte, kamen ihm wie von selbst ständig die Stücke von seinem 2014 veröffentlichten Erfolgsalbum "My Christmas Grooves" in die Finger. Battenstein kam einfach nicht von Weihnachten los. Also fing er im Januar noch einmal mit der Weihnachtsmusik an. Immer zog er sich in sein hauseigenes Studio zurück, machte ein paar Kerzen an, um sich in Feststimmung zu versetzen, während draußen der Jahreslauf weiterging und kein Mensch mehr an Weihnachten dachte. Nun liegt das Ergebnis vor. "My Christmas Grooves Again" heißt das Album. Der Titel signalisiert, dass Battenstein das fortsetzen will, was ihm vor drei Jahren so gut gelungen ist.
Aber so ganz einfach ist es nicht mit dieser Fortsetzungsgeschichte. Schließlich ist es als kleines Wunder zu werten, dass diese Platte überhaupt entstehen konnte. Denn im Januar des vergangenen Jahres sah es aus, als würde die über ein Vierteljahrhundert währende Karriere dieses Musikers abrupt enden und die 17. CD-Veröffentlichung seine letzte bleiben. Denn kurz vor dem 65. Geburtstag standen plötzlich alle Zeichen auf Stopp. Seine Ärzte hatten eine niederschmetternden Diagnose: Rachenkarzinom. Es folgten Operation, Chemotherapie, Strahlenbehandlung, das volle Programm mit den üblichen Qualen, die sich für Battenstein über Monate wie Folter anfühlten. Lange war unklar, ob er das überstehen würde. Aber die Musik und seine Lebensgefährtin hätten ihm wieder auf die Beine geholfen, sagt Battenstein. Nach und nach begann er wieder zu spielen, zu unterrichten, zu komponieren. So wie man das von ihm seit jeher kennt.
1974 gründete der in Düsseldorf geborene Battenstein die Politrockband M.E.K. BILK. In den 80er-Jahren spielte er mit der Formation NOX NOX Mainstream-Poprock. Er trat in diversen Fernsehsendungen auf und begleitete eine Zeitlang Hape Kerkelings wöchentliche Ulk-Sendung Känguru (Es war WWF-Club 17 Sendungen 1980). Und seit den 90er-Jahren produziert Battenstein mit seinem eigenen Label "TOMTE MSUIC" Gitarrenmusik zwischen Rock, Latin und Jazz.
Zu dieser Produktivität fand Battenstein nach seiner Krankheit wieder zurück. Wenn man weiß, welch schweren Weg er gegangen ist, dann verwundert die Leichtigkeit, mit der auf dem Album "My Christmas Grooves Again" die Töne perlen. Manche der Lieder brizzeln wie Wunderkerzen, andere umschmeicheln die Seele wie Glühwein den Gaumen. Auf einmal klingt "O du fröhliche", als werde es gerade irgendwo in Andalusien intoniert, und "Rocking Around The Christmas Tree" bekommt jenen Fünfziger-Jahre-Charme verpasst, den vor dem Hereinbrechen der Sechziger die Shadows versprühten. Battenstein pendelt frei zwischen Jazz, Pop und Kinderlied.
Auch zwei Eigenkompositionen hat er in der Fülle versteckt. "My Holy Ground" heißt eine, aus der man deutlich seine Dankbarkeit heraushört. Dafür dass am Ende alles noch einmal gut gegangen ist. Song Nummer 22 heißt "Peaceful Night" und ist wie eigentlich die ganze Platte eine Verbeugung vor der Frau an seiner Seite.
Hans Hoff, Welt am Sonntag, 3. Dezember 2017 |